Sardischer Wein – die Lese

Aufbruch ist um 6:30 Uh, wenn es noch dämmert. Die Eltern warten schon ungeduldig und etwas angespannt vor Aufregung nebeneinander sitzend vor dem Haus.
Der Anhänger auch – nach einem ganzen Jahr Ruhepause, in dem er unter der Terrasse ruhte und Spinnweben ansetzte, darf er nun wieder seine Pflicht tun und zur Weinlese ausfahren.

 

Geheimnis Sardischer Wein: im September beginnt alles

Schon bald ist das Ziel erreicht: auf dem Stück Land keine 3 Km vom sardischen Meer entfernt, liegt der vierreihige Weinberg (der kein Berg, sondern Flachland ist), seit ewigen Zeiten in Besitz der Familie.

Dort kultiviert man den roten und den weißen Monica di Sardegna, eine Carignano -Traube und etwas vom Nuraghus, die älteste Traube der sardischen Erde, die um etwa 900 v.Chr. die Phönizier hier her brachten.
Für den hausgemachten Wein werden alle Sorten gemischt verarbeitet. Hingegen bei der Erzeugung der kommerziellen Weine werden die Rebsorten ausschliesslich getrennt verarbeitet.

Biologischer Anbau vom Feinsten
Sardische WeineDer familiäre Anbau wird ohne jegliche Verwendung oder Einwirkung von chemischen Substanzen kultiviert. Was für den Konsum den vollendeten Genuss, jedoch für die Leser ein aufwändiges Verfahren bedeutet. An jeder Rebe befinden sich vollendet schöne Traubenfrüchte. Genauso wie vertrocknete, zermatschte oder sogar etwas angefaulte.
Die Aufgabe ist es, die ungenügenden vorab auszusortieren.

Mit viel Gefühl bitte!
Die Reben verbergen sich im Schatten der riesigen gelb-rot-grün maserierten Weinblätter und lassen sich nur mittels scharfer Heckenscheren abernten.
Lange bevor die verschlungene Rebe sich von Hand „abziehen“ oder aus dem Buschwerk heraus reißen lässt, bricht der ganze Ast des Weinstocks aufgrund der Trockenheit entzwei.
Das habe ich gleich erkannt. auf diese Weise kann man keinesfalls die Lese beschleunigen oder sie sich ohne Schere erleichtern.

Jede helfende Hand wird benötigt
Denn alles muss in kurzer Zeit erledigt sein, bevor die Trauben zu reif sind.
Ein Nachbar kommt mit seinen drei Hunden vorbei. Er bleibt auf ein Schwätzchen hängen, hilft mit. Die Vierpföter haben zum Glück kulinarisch andere Präferenzen und wir müssen die kostbaren Früchte nicht vor ihnen verteidigen.
Am frühen abend sind alle Weinstöcke abgeerntet. Einige sind schon zuvor eingebracht worden, entsprechend des fortgeschrittenen Reifegrades haben diese schon ein anderer Teil der Familie eine Woche zuvor gelesen.

Regen unerwünscht!
Sobald Regen einsetzt um diese Jahreszeit, ist es zu spät, die kostbaren Geschmacksgeber des „sangue di Jesu“ abzuernten. Regen, respektive Nässe verdirbt die Traube in diesem Stadium.

 

Verarbeitung und Gärung

Elf „bacchinelle“ (=Leseeimer) mit je zirka fünfzehn bis achzehn Kilo Trauben bringen wir in der ersten Ladung nach Sant´Anna Arresi, in den Hinterhof ein. Dort wartet die große „Bacchinella“, ein riesiger Kunstoffbehälter mit eineinhalb Metern Durchmesser, auf den wir den Trester aufsetzen.
Das motorbetriebene Vehikulum verrichtet seit über fünfzig Jahren seine Dienste in jedem September. Zur Feineinstellung kommt Zio (Onkel) Tonino. Den Feingrad der Pressung manuell einzustellen ist wichtig um ein möglichst effektives Auspressen der Reben zu erhalten, sodass möglichst viel Traubensaft austritt.

Zuerst reift der Traubenmost
Wir ergießen die Eimer hinein und der Saft samt den Hülsen sammelt sich darin, die Rebenäste werden separat ausgeworfen und enden gleich im Kompost.
Sie arbeiten sehr sorgfältig, um keinen Deziliter zu verlieren, denn der hausgemachte ist für die Menschen hier äußerst kostbar – wie Tonino das bezeichnet (mir gegenüber) „il sangue di Jesu“, heißt: das Blut Jesu Christi. Ob nun wirklich bezogen auf den Glauben oder nicht, wird dem sardischen Wein eine ungeteilte Wertschätzung entgegengebracht.

Ungeduldiges Warten
Nun warten wir vier bis fünf Tage ab, bis der zweite Schritt erfolgt: nach der Gärung im großen Fass, wird der Rebenmost gepresst und dann zur Flaschenreifung umgefüllt.Zusammenfassend haben wir unsere vedemmia, also die Weinlese, inklusive dem „macchinare“, der ersten Vorstufe der Verarbeitung, in drei ganzen Tag hinbekommen. Das bedeutet: etwa 300 Liter Wein für den privaten Konsum. Für ein ganzes Jahr wird es diesmal nicht reichen. Papa Francesco muss noch einige zukaufen. Allerdings kann man mehr über die Menge erst nach dem zweiten Schritt sagen.

Wie schmeckt er?
Den fruchtigen Erguss vom letzten Jahr habe ich schon seit dem ersten Abend meiner Ankunft hier genossen.
Er ist tiefrot, stark nach Graden – geschätzte 15% (da man das beim hausgemachten Wein meistens nicht misst), fruchtig, intensiv, einzigartig und macht „fidele“ – oder nach drei Gläschen auch sehr müde :). Auf alle Fälle lässt er uns gut einschlafen…

Wie Sardische Weine & Kulinarik sich ergänzen?
Dazu haben wir ein sardisches Kochbuch als E-book verfasst.
Lesen Sie darin mehr zur Vendemmia (der Weinlese- und verarbeitung), über sardische Käse & Brotbackkunst, und vieles mehr.

 

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