Korkproduktion – vom Baum bis in die Flasche
Die immergrüne Korkeiche wächst ausschließlich in sonnenverwöhnten, mediterranen Ländern. Nur dort, wo mehrmonatige Sonneneinstrahlung das effektive Wachsen der Rinde zur Korkproduktion ermöglicht, lebt der nicht- winterharte Baum auf.
Sardische Korkeichenwälder
Im Norden Sardiniens sind rötlich schimmernde, glatt abrasierte Korkeichenstämme ein vertrauter Anblick. Im Volksmund sagt man „sie bluten“. Dicht unter der Krone schält man sie ab, um das kostbare Gut ihrer Rinde zu Flaschenverschlüssen und anderen nützlichen Alltagutensilien zu verarbeiten. Frühestes nach 10 bis 12 Jahren werden die Eichen in den Sommermonaten erstmals geschält.
Weltweit begehrt – unendlich kostbar
Nur alle zehn Jahre darf per Erlass eine Korkeiche ihrer Hülle beraubt werden. Ein langer Zeitraum, der inzwischen staatlich überwacht wird. Pro Ernte kann ein großer Baum etwa 45 Kilo produzieren. Bis zu einem Dutzend Mal kann eine Eiche geschält werden. Danach ist sie ausgelaugt.
Nur der Kork der weiblichen Bäume kann in seiner Weichheit zu guten Flaschenkorken gearbeitet werden. Den wenig elastischen der männlichen Eichen verarbeitet man mit Kalk, Ton oder Zement zu Bodenbelägen.
Sardischer Kork ist weltweit begehrt. Und ein immer rarer werdendes Naturprodukt.
Sorgfalt und Können
Ein Baum darf nur zu einem Drittel geschält werden, um ihn vor dem Austrocknen zu bewahren. Sardische Korkeichen haben eine Lebenserwartung von 150-200 Jahren. Unbeerntet könnten sie bis über 400 Jahre alt werden.
Die ausgefeilte Technik der Schälung wird vererbt. Wie man die Bäume unterhalb der Krone beschneidet, um die Rinde in möglichst ganzen Stücken beim Abziehen zu erhalten, ist eine gekonnt traditionelle Arbeitsweise.
Bei der Schälung darf die Mutterschicht nicht beschädigt werden. Sie schützt vor Infektionen. Unter ihr wächst die neue Rinde nach.
Die erste Schälung ist noch stark zerklüftet und für hochwertigste Korkenproduktion ungeeignet.
Erst die nachfolgenden sind kompakter. Aus ihnen werden Flaschenkorken.
Für ein Kilo Korken benötigt man ca. 19 (zehn!) Kilo Eichenrindet.
Die Produktion
Nach der Ernte lagert man die Rinde für ein halbes Jahr lang zum Trocknen. So gewinnt sie an enormer Stabilität. Vor der Fertigung von Korken wird die Rinde in Wasser gekocht. Insekten und deren Larven tötet man so ab und entzieht enthaltenes Tannin (ein Gerbstoff).
Das macht weich und elastisch. Wie ein Flaschenkork sein soll. Er reift dann noch etwa zwei Monate in Dunkelheit und bei konstanter Luftfeuchtigkeit.
Aus großen Platten werden einzelne Flaschenkorken ausgebohrt. Hierbei übrig bleibende Reste bilden das Grundmaterial für gepresstes Dämmmaterial, für Sohlen, Tapeten und Bodenbeläge.
Seine isolierende Eigenschaft nutzen sie bei der Abdichtung von Mauern und Dächern.
Die Korken-Erfinder
Der leichte und schwimmfähige Kork ist seit Jahrhunderten ein geschätzter Rohstoff. Schon die Römer verschlossen damit ihre Weinbehälter.
Im 17. Jh. machte sich der Benediktiner Pérignon diese Fähigkeiten der Rinde zu Nutze. Er begann professionelle Korken für Schaumweinflaschen herzustellen. Bereits im 18. Jh. wurden die Champagnerflaschen vorrangig damit verschlossen. Mit der Weinproduktion erfuhr die Korkenherstellung einen gewaltigen Aufschwung. Nahezu 70 Prozent der gesamten italienischen Korkproduktion stammt aus sardischen Wäldern.
Limitierter Naturrohstoff
Doch der wertvolle Kork ist kein unbegrenzt verfügbarer Rohstoff. Die Korkverarbeitung kann nur solange betrieben werden, wie gesunde Bäume in erforderlichen Mengen kultiviert werden.
Wohl wissend geht man inzwischen bei weniger hochwertigen Weinen zu Kunststoffverschlüssen über. Ebenso bei Schaumweinen, die nicht in der Flasche reifen müssen, wird der Korken bereits durch Schraubverschluss ersetzt.
Sardisches Kunsthandwerk
Solange es traditionelle Familienbetrieb gibt, solange wird auch das sardische Kunsthandwerk weiter Kreatives liefern. In Kork gefasste Vasen, Bilderrahmen, Teller, Anhänger.
Die Sarden selbst nutzen Korkschalen als Behälter und Unterlagen für traditionelle Speisen wie porchetone, die sardische Schweinekeule, oder Spanferkel werden darauf mit Mirtozweigen angerichtet.
Sogar für Kleidungsstücke aus Kork ist Sardinien berühmt.
TIPP: Die Designerin Anna Grindi betreibt in Tempio Pausania, in der Gallura, eine Kleider-Manufaktur. Weltweit einzigartig sind ihre Entwürfe und ihre handwerkliche Produktion von Kleidung und Accessoires aus Kork.