Castelsardo – geschichtsträchtige Burgstadt in Nordsardinien
Auf einem Felssporn erbaut im Schutz der Genueser, kam die Festung durch die Zeitenstürme. Authentisch vom Aragonierschloss geprägt, liegt sie auf einem kurzen, felsigen Kap. Heutige „Eroberer“ von Castelsardo sind lediglich Touristen. Das trutzige Bollwerk überragt mit Deutlichkeit alle sakralen Bauten. Von seinen Zinnen erheben sich Möwen. Aus der Vogelperspektive leuchtet das türkiesblaue Meer des Golfo dell´ Asinara unter uns.
Ein Ort, wie aus der Zeit heraus gefallen
Casteddu Sardu (in Sardisch genannt) wurde 1102 n.Chr. als Castel Genovese von der Familie Doria gegründet – 1448 n.Chr. nach spanischer Eroberung wurde es zu Castel Aragonese. Im gesamten Städtchen leben etwa um die 6000 Menschen, die sich Castellanesi nennen.
Dank dem ursprünglich erhaltenen Stadtkern mit seinen steilen, schmalen, von Stufen durchzogenen Gässchen und Torbögen innerhalb des ebenso gut erhaltenen Mauerrings, können wir hier und heute den ursprünglichen Charakter aus der Zeit seiner Erbauung bewundern.
Sie werden das Gefühl haben, in einer mittelalterlichen Filmkulisse zu sein…
Herrschaftliches Kastell mit Weitblick
Der erste Blick ist impressionant. Obwohl – oder gerade weil – aus Reiseführern allseits bekannt, kann man kaum ein Ohhh… unterdrücken, denn ins Sonnelicht getaucht viel lebendiger, schöner als erwartet präsentieren sich die alten Mauern hoch über dem kleinen Ort aus vielen bunt verputzten Häusern, die wie in die Anhöhe hineinmodelliert scheinen.
Das Panorama verrät, weshalb die Genuesen auf dem steilen, hohen Felsvorsprung ihre Festung erbauten:
von hier aus hat man den kompletten Überblick über den Golfo di Asinara und besonders die Meerenge Bocce di Bonifacio. Jedes ankommende Schiff konnte frühzeitig ausgemacht werden.
Der gewaltige Wachturm steht zu jener Zeit mit dem in Porto Torres und dem der Asinara in ausgeklügelter Verbindung.
Heute ist gute Sicht und wir erkennen am Horizont die Küste Korsikas – ein beeindruckender Ausblick!
Schäumende Wellen, die den Burgfelsen umtosen tönen zu uns herauf. Das Meer glitzert dahinter wie ein mit einem mit Perlen besetzten, unsichtbaren Netz bestückter, dunkelblauer Teppich.
Das Naturschauspiel im märchenähnlichen Burg-Ambiente versetzt für Augenblicke authentisch zurück in Tage der aragonesischen Eroberer.
Museum der Korbflechtkunst
Ganz besonders nimmt das Museo dell´intreccio Mediterraneo, das Museum über die Korbflechtkunst gefangen.
Von sardischen Frauen kennen Sie vielleicht schon die kunstvoll geflochtenen Brot- und Obstkörbe in ihren variantenreichen bunten Ausführungen und Größen, mit eingeflochtenem Wappen oder Schriftzügen. Doch dies hier ist noch wesentlich beeindruckender.
Die Korbwaren sind teilweise über hundert Jahre alt. Sie sind mit original handgestickten Leinen- oder Baumwolltüchern versehen, so wie sie damals für die Aufbewahrung von Broten, Gemüse, Kräutern und anderem benutzt worden sind.
Auch hendgefertigte Reusen zum Fang der Langusten, Hummer und anderer Artgenossen, sind zu sehen.
Menüs aus dem Meeresfüllhorn – Speisen in alten Gemäuern
Nun wird es aber wirklich Zeit für die kulinarischen Aspekte.
Piatti di mare sind vorherrschend in allen durch die Spanier eroberten Küstenstädten im Nordwesten Sardiniens, so auch hier . Sie erinnern noch heute stark an die Küche der Aragonesen, die Ende des 13. Jahrhundert begannen, diesen Landstrich zu beherrschen.
Heute, wie damals, genießt man hier fangfrischen Fisch und eine Vielfalt von Schalentieren. Besonders gut ist die Küche in den kleinen, etwas versteckten „borghi“, den authentischen Steinhäusern abseits der Hauptstraße.
Einfach Verweilen
Kaktusfeigen sprießen genügsam außen an dem altertümlichen Gemäuer zwischen Weidegras hervor. Der Ausblick auf die grünen Flächen, eine Art Parkanlage, umgibt das Schloss komplett.
Anstatt in schwindelerregender Höhe, genießen Sie doch auch den Anblick vom Meeresspiegel aus an den gewaltigen, bewucherten Mauern hinauf.
Zum Verweilen laden Bänke ein. Oder Sie haben schon im Vorfeld den Plan gefasst, am Fuße der Burg ein Picknick zu machen und haben Decke und Proviant eingepackt.
Tramonto – Abendromantik und Naturschauspiele
Der Tag kapituliert von den immer länger werdenden Schatten.
Gelbliche Streifenformationen verdrängen das strahlende Blau des Himmels.
Sobald er lila mit einem Hauch von orange leuchtet, sollten Sie sich schon ein bequemes Plätzchen auf einer der West-Terrassen ausgesucht haben, um das Farbspektakel zu bestaunen, wenn die untergehende Sonne die herrschaftliche Lavasteinfestung in ein unbeschreiblich schönes Licht eintaucht.
Nur mit Wehmut werden Sie sich von der belebten Stadt verabschieden und nehmen die Erinnerung an wirklich freundliche und authentische Castellanesi mit.